Geburtstag im »Big Easy«

Auf den fünf Stunden Autofahrt nach New Orleans änderte sich die Vegetation spürbar. Ungefähr mit dem Überqueren der Grenze nach Mississippi tauchten immer mehr weiß blühende Magnolienbäume (Magnolia grandiflora) auf, auch als Zierbäume längs der Autobahn und an Rastplätzen gepflanzt.

Überhaupt Autobahn-Rasthäuser: die gleichen von außen mehr englischen Landhäusern, von innen der Eingangslobby alt-herrschaftlicher Hotels und bieten äußerst freundlichen Tourist Service sowie durchschnittliche Toilettenanlagen, allerdings weder Tankstelle noch Restaurant. Um das zu finden, muß man von der Autobahn abfahren. Die Wegweiser an den Ausfahrten (Food Exit bzw. Gas Exit) listen jeweils die unmittelbar an der Ausfahrt gelegenen Restaurants bzw. Tankstellen auf. Je weiter ich nach Süden kam, umso mehr fielen auf dem Standstreifen stehende Autowracks (teils ausgebrannt) auf.

The Big Easy

Mein Hotel Queen Anne war schnell gefunden: eine alte Villa im Garden District. Die Betonung liegt hier auf alt, d.h. schön anzuschauen, aber durchaus renovierungsbedürftig. Die Aussicht aus meinem Bad war allerdings rekordverdächtig. Um die Ecke gab’s im Restaurant Seed ein frühes Abendessen und anschließend im Hi Volt Café noch einen Espresso und einen Feigen-Walnußkuchen. Der Garden District wirkt auf Anhieb südeuropäisch: Bürgersteige, Radfahrer, sehr alternative bis freakige Leute, aber alles mit stark morbidem Charme (Straßen, Autos, Häuser, Bürgersteige, Parks und teils auch die Menschen stark renovierungsbedürftig). Und überall duftet es nach Blüten (Oleander, Magnolien, Hecken etc.), es wirkt schon tropisch, anders als in Alabama.

Abends hatte ich eine Theaterkarte im Rivertown-Theater im Vorort Kenner gebucht, ein wunderbar familiäres Theater für etwa 150 Gäste. Das Stück »Hello Dawlin’« nahm mit einigen Musical-Parodien den New-Orleans-Dialekt und die Lebensart im Big Easy auf’s Korn. Hauptvokal in New Orleans ist ein »ooaah« wie in morning oder dawn anstelle des »A« wie in darling oder eines »Ä« wie in man oder Mary. Mein Sitznachbar Roy konnte mir einige Witze erklären, die sich auf lokale Politiker oder spezielle Ausdrücke bezogen.

Danach habe ich mein Auto am Hotel abgestellt und bei zwei Bars im Garden District das Bourbon-Angebot ausprobiert, sehr ansprechend war Angels Envy aus Louisville, Kentucky. In New Orleans darf auf der Straße Alkohol getrunken werden und davon wird auch ausgiebig Gebrauch gemacht. Die Stimmung war aber trotzdem friedlich und das Publikum war durchaus gemischt von 18 bis 88, von freakig bis Anzug-fein, aber vom Dialekt her mehrheitlich Amerikaner. Mir ist nur ein Engländer aufgefallen, mit dem ich ein paar Sätze gewechselt habe.

An meinem Geburtstag habe ich ausgiebig ausgeschlafen und das Continental Breakfast ausfallen lassen. Das wäre nur ein sehr schmuckloses Automatenfrühstück im moderneren Hotel Prytania gewesen, also kein herzögliches Buffet, wie man es in der Villa hätte erwarten können. Dafür habe ich mich um 1130 zu meiner im voraus gebuchten Schaufelraddampfer-Tour auf der Natchez eingeschifft, ebenfalls ohne Jazz Brunch und auch das war eine gute Entscheidung, denn es gab die ganze Zeit etwas zu sehen, an Deck und auch im Maschinenraum – und der Brunch war natürlich unter Deck. Die Natchez fuhr zu meiner Überraschung sehr leise, ohne jedes Tschuff-Tschuff-Tschuff, das man von Lokomotiven kennt und ohne jedes Dröhnen, daß man auf jedem Dieselschiff hört – ein wunderbar leises Gleiten auf dem Mississippi.

Wieder an Land habe ich noch etwas das French Quarter erkundet: an jeder Ecke ein Trommler oder ein Artist, ein Straßenhändler, ein Künstler, ein Freak, ein Bettler oder alles auf einmal. Hier konnte man auch Französisch hören, aber das French Quarter ist ja auch der Touristenmagnet in New Orleans. Am Sonntagnachmittag wurde überall auf der Straße Alkohol getrunken, viel »Cocktails To Go«, ein großer Unterschied zu Alabama. Unmittelbar am Jackson Square habe ich aber auch vernünftige Jambalaya (eine Art scharfe Paella) zum späten Mittagessen bekommen.

Auf der Rückfahrt gab’s noch einen Schlenker nach Osten entlang der Küste. Denn in Biloxi, Mississippi wollte ich noch einen Finger in den Golf von Mexico stecken. Das Meer war schon geschätzt über 20 °C warm und der Strand war recht sauber. Ein toller Abschluß für mein Geburtstagswochenende.