Birmingham, AL #13

Am Donnerstag und Freitag hatte ich Urlaub genommen, um das Steelcity Jazz Festival in Birmingham zu besuchen. Das Line-Up hat sich zwar in den letzten Wochen als extrem seicht herauskristallisiert, aber trotzdem wollte ich meinen Urlaub nicht verschieben und mir einfach mal ein paar Sets anhören.

Tatsächlich fand am Donnerstag nur eine Eröffnungs-Soirée im Harbert Center statt. Ab 1900 spielte dort ein funkiges Saxophon-Quintett – allerdings so laut und so schlecht abgemischt, daß mir schon nach einer Dreiviertelstunde die Ohren klingelten. Mit Rücksicht auf die nächsten zwei Tage bin ich daher schnell wieder gegangen. Im Eintrittspreis enthalten war ein leckeres kalt/warmes Buffet (Getränke extra). Die meisten Gäste hatten die teureren VIP-Karten gekauft und zogen sich in den ersten Stock zurück, da gab’s Sessel und vielleicht war es auch leiser, deshalb war das Foyer eher leer. Erneut schien mir vor allem der soziale Aspekt im Vordergrund zu stehen und viele Gäste schienen sich zu kennen. Das Publikum war mehrheitlich schwarz, überwichtig und sehr gut gekleidet, die vielen Servicekräfte waren ausnahmslos Schwarze, nur der Tontechniker war ein Weißer.

Am Freitag und Samstag habe ich mir dann jeweils ein paar Stunden das Open-Air im Linn Park besucht und dort eine friedliche Outdoor-Gemeinde angetroffen. Musikalisch gab’s leider nur knallig-funkigen Smooth-Jazz-Brei mit viel zu lauter, übersteuerter PA, so daß das Festival für meinen Geschmack insgesamt enttäuschend war. Interessanter war teils das Drumherum: die sehr gut, teils auffällig gekleidete und zu 95% schwarze Zuhörerschaft oder auch ein »Veteran Owned« Cigar-Shop, der regen Zuspruch hatte. Übrigends gab es auch einen Küchenmesser-Verkaufsstand. Aus Sicherheitsgründen waren zwar nur durchsichtige Plastiktüten erlaubt (und wurden am Eingang durchsucht) und Klappsessel, aber keine Rucksäcke oder größere Handtaschen. Dafür konnte man dann 30 cm lange Fleischmesser auf dem Festival kaufen 🙂

Als Ersatzbefriedigung war ich abends noch bei Steelcitypops in Homewood und habe dort ein leckeres Avocado-Eis am Stiel gegessen.

Sonntags gabs wieder einen Public Drum Circle mit John Scalici, diesmal im Vulcan Park, bei dem zwischen den Gewitterschauern sogar der »Vulcan« persönlich mitgespielt hat. John hatte noch eine Empfehlung für das Cuko Rakko-Musikfestival, das zweimal jährlich in Steele nahe Gadsden (etwa eine Stunde nördlich von Birmingham) stattfindet. Dort soll weniger seichte Musik zu hören sein…

Der Heimweg hat mich noch zur Craft-Brewery Ghost Train geführt und – Überraschung – dort spielte ein junges Quartett Jazz-Standards mit viel mehr Groove als alle Bands, die ich beim Steelcity Festival gehört hatte. Das hat mich dann wieder mit Birminghams Kultur versöhnt.

Anbei noch ein paar Bilder von den Haustür-Dekos meiner Nachbarn. Morgen Pfingstmontag ist hier wieder normaler Arbeitstag.