Birmingham, AL #16

Arbeit

Die KW 32 brachte mir leider einige Ernüchterung über die Zusammenarbeit mit den Amerikanern. Angelsächsische Zurückhaltung scheint mir im Kern leider nicht nur höfliches Understatement, sondern auch leicht zu kränkender Stolz zu sein, wegen arroganter Unfähigkeit.

Die positiven Charakterzüge, die ich außerhalb der Arbeit wahrnehme: freundlich, herzlich, zugewandt, kommunikativ, integrativ, es wird der Zusammenhalt betont etc. zeigen sich mir im Arbeitsleben inzwischen als deren negative Spiegelbilder:

• mit angelsächsisch unscharfen Umschreibungen wird das Problem zugedeckt.
• Freundlichkeit kehrt sich in Un-Ehrlichkeit, weil die Aufgaben verschleiert, statt eindeutig zugewiesen werden.
• Höflichkeit schlägt in Feigheit um, weil niemand ehrliche Kritik äußert.
• Bevor einer kritisiert wird, werden lieber alle kritisiert (»kein Angriff gegen irgendjemand, aber wir müssen besser zusammenarbeiten«).
• Man lehnt sich stark an Autoritäten an (der Chef weiß alles), was bedeutet: Mitdenken ist Ausnahme statt Regel.
• Arbeitsteilige, effiziente Teamarbeit (jeder ist Spezialist für seine Aufgabe), für mich der Kern aller Team-Organisation, scheint geradezu verpönt zu sein.

Da haben die Chinesen bei mir einen besseren Eindruck hinterlassen.

Die Phrasen der Woche

• to upset the apple-cart: alles ueber den Haufen werfen
• to ruffle someones feathers: jemand aufregen (vielleicht ähnlich wie »ihm (dem Hahn) schwillt der Kamm«)
• where the rubber hits the road: worauf es ankommt

Southern Museum of Flight

Am letzten Wochenende habe ich das Southern Museum of Flight besucht. Es liegt in der Nähe des Flughafens Birmingham und enthält vor allem militärische Exponate in einer vom Zahn der Zeit deutlich gezeichneten Halle. Auf einer Wiese am Rande des Flughafengeländes stehen noch 10–15 Flugzeuge, die man jedoch nur durch den Zaun anschauen kann.

Die Ausstellung in der Halle zeigt Dioramen mit Flugzeugen oder Hubschraubern in historischen Einsatzorten. Die Dokumentation lobt die Leistungen der Luftwaffe in den Kriegen des 20. Jahrhunderts und die Leistungsfähigkeit der amerikanischen Kriegswirtschaft. Hierbei wird auch die tragende Rolle der Frauen in der Rüstungsindustrie gewürdigt und es gibt einen Bereich zu den Tuskegee Airmen, einer Gruppe von ausschließlich schwarzen Fliegern in der US-Luftwaffe, die in Tuskegee, AL, augebildet wurden.

Ein interessanter Teil der Ausstellung enthält kleine Experimentalflugzeuge (Entenflügler, Wasserflugzeuge, Leichthubschrauber), die allerdings so dicht stehen, daß ich keine sinnvollen Fotos hinbekommen habe.

Caney Creek Waterfall

Am Sonntag war ich beim Caney Creek Waterfall, etwa anderthalb Stunden nördlich von Birmingham im Bankhead National Forest. Ein ungefähr fünf Meter hoher Wasserfall, der eine verwunschene, lagunenartige Senke in den Fels gewaschen hat. Abends hat mich in Birmingham erneut ein toller Sonnenuntergang überrascht.

Art on The Rocks

Dieses Wochenende hat mit der letzten von drei Nächten Art On The Rocks im Birmingham Museum of Arts begonnen. Diesmal hat mich ein modernes Ballet (Arova Contemporary Ballet) begeistert und es gab eine Band, die stark an das erste Dire-Straits-Album erinnerte, jedoch mit etwas unpasssendem Namen auftritt: Los Colognes.

Total Eclipse 2017

Am Montag konnte in vielen Bundesstaaten der USA die totale Sonnenfinsternis beobachtet werden. Ich bin viereinhalb nach Norden gefahren, nach Eddyville, KY. Dort habe ich in ländlicher Umgebung optimale Bedingungen gehabt und zwei Videos gedreht. Ich konnte jedoch keine ungewöhnlichen Phänomene (wabernde Schatten, verängstigte Tiere etc.) beobachten. Die Vögel schienen still zu werden, aber die Sing-Zikaden haben weiter Lärm gemacht. Mit der Kompaktkamera kann man keine Wunder erwarten, aber trotzdem kann man auf dem Foto die Venus rechts von der Sonne erkennen. Näher an der Sonne wäre noch der Mars und gegenüber Merkur zu sehen gewesen, aber die konnte ich, vielleicht wegen der dünnen Schleierwolken, nicht ausmachen. Der Rückweg hat wegen einiger Staus über sechs Stunden gedauert, aber für das einmalige Erlebnis hat sich der Aufwand gelohnt.