Birmingham, AL #31

Firework 4th of July

Am Unabhängigkeitstag, dem 4. Juli, gab’s um 2100 erneut ein etwa 25 Minuten dauerndes Feuerwerk im Vulcan Park, beim Aussichtsturm mit Birminghams Wahrzeichen, der Gußeisenfigur des Vulkan, dem römischen Gott des Feuers und der Schmiede.

In diesem Jahr habe ich ausgiebiger als im letzten Jahr mögliche Fotopositionen erkundet und so auf dem Dach des neu gebauten Parkhauses an der Ecke University Blvd./24th Street South einen freien Blick nach Süden auf den Vulcan Park gefunden. Da die oberen vier Stockwerke des Parkhauses privat sind, mußte ich eben vier Etagen zu Fuß hochlaufen. Dort oben war nicht so viel los wie an anderen Plätzen, vielleicht aus eben diesem Grund. Aber das Fernsehteam von WBRC war immerhin auch da.

Bards & Brews

Das Wochenende begann erneut mit dem Poetry-Slam Bards & Brews (jeden ersten Freitag im Monat außer Dezember) in der Public Library, downtown Birmingham. Die Bücherei hat ihren Lesesaal umgestellt und so ein neues, viel offeneres und professionelleres Bühnen-Layout geschaffen.

Die Craft-Beer-Probe Sipsey River Red kam diesmal von der Brauerei Goat Island aus Cullmann. Das Sipsey River Red hat mir so gut geschmeckt, daß ich am nächsten Tag bei Birminghams größtem Bier- und Weinhandel, Hop City, gleich noch das Richter’s Pils von Goat Island zum Probieren gekauft habe – ist ebenfalls lecker.

Die studentische Poetry-Slam-Gruppe der asap (Alabama Student Association for Poetry) eröffnete den Abend, an dem außerdem auch ein paar neue, unbekannte, aber tiefgründige Poeten zu hören waren. Beispielsweise hat der neue Bibliotheksdirektor Floyd Council ein Lied gesungen, das er für seine Eltern geschrieben hatte, nachdem beide im letzten Jahr an Krebs gestorben sind. Er konnte mit stimmlicher Ausbildung (oder gutem Training im Gospel-Chor) glänzen. Ungewöhnlich war auch der hohe Anteil weißer Künstler (vielleicht drei Viertel) – bisher war das meist anders: eher drei Viertel Schwarze.

Farmers Market, Pepper Place

Hier gab’s am Samstagvormittag wieder leckere Cherry-Tomaten zu kaufen, aber auch Musik und Flohmark-Stände. Die verrückten Amis lieben sehr viel Eis in ihren Drinks. Aber daß sie auch ihren Hunden Eiswasser zumuten, habe ich hier zum ersten Mal gesehen.

Stardome, Hoover

Samstagabend war ich im Comedy Club Stardome in Hoover, einem Saal für bis zu dreihundert Gäste, der mich an Kinos aus den siebziger Jahren erinnert, als man im Kino noch rauchen durfte. Im Stardome darf man zwar nicht rauchen, aber jeder Zuschauer hatte ein Tischchen und während der gesamten Vorstellung wurden Essen und Getränke serviert; es bestand sogar ein Verzehrzwang von $ 5, der beim Kartenkauf nirgends erwähnt worden war. Immerhin wurde das leckere Craft-Beer Switchman IPL von Ghost Train verkauft.

Der Comedian James Gregory war durchaus lustig, aber schwer zu verstehen, weil seine Zunge doppelt soviel Platz wie normal einzunehmen scheint. Er hat sich mit lustiger Mimik über die bekannten menschlichen Themen wie Tod, leidige Verwandte oder Laktose-Intoleranz ausgelassen. Aber es gab auch viele Nummern über den modernen Unsinn, wie Klimaerwärmung, Vegetarier oder »Soccer Moms« (eventuell auch »Sucker Moms«), »Weich-Ei-Mütter«, die Ihre Kinder mit Knieschonern ausrüsten, statt daß sie sich auch mal prügeln dürfen.

Beispiele:

  • Der nächste Januar soll 3 Grad kälter werden als normal. Na und, es ist doch einfach nur Wetter.
  • Die Känguru-Ratte stirbt aus. Sehr gut, es sind doch auch nur Scheiß Ratten.

Im Gegensatz zu Andreas Rebers, bei dem solche Nummern als Satire erkennbar sind, scheinen sie mir bei James Gregory und seinem Publikum durchaus ernstgemeint. Ich glaube, daß nicht Trump das Problem ist, sondern die Trump-Wähler. Zum Glück gibt’s wenigstens noch sowas wie Bards & Brews.

Sonntag der Entdeckungen

In Alabamas Hauptstadt Montgomery war ich sonntags im neueröffneten Museum und Memorial for Peace and Justice. Im Museum wird mit Interviews, Videos und Fotos sehr bewegend über die Gewalt in manchen US Gefängnissen berichtet. Das wenige Minuten entfernte Memorial ist dem Andenken an über 4000 bekannte Opfer der Lynchjustiz in den Südstaaten gewidmet, alphabetisch nach Bundesstaaten und Landkreisen sortiert. Es wurde erst vor knapp drei Monaten eröffnet und ist vom Holocaust Mahnmal in Berlin inspiriert. In Alabama scheint mir das Motiv Strange Fruit – die in den Bäumen hängenden Leichname – aus dem Billy Holiday Song aufgenommen worden zu sein, denn man läuft teils unter den Eisen-Quadern hindurch.

Das Tourist Office hatte leider geschlossen und auch sonst war in Montgomery überhaupt nichts los. Die Google Suche nach interessanten Lokalen förderte zutage, daß die meisten am Sonntag geschlossen sind und so hat mir Google-Maps als nächstgelegenen Tip Brät Brot in Birmingham empfohlen. Also habe ich mich neugierig auf den Rückweg (gut eine Stunde) gemacht, denn von diesem Lokal in Birmingham hatte ich noch nichts gehört.

Das erst vor vier Monaten eröffnete Lokal Brät Brot macht auf deutschen Biergarten, aber sonntags schließt die Küche schon um 1500. So konnte ich um 1700 nur noch ein Bier im klimatisierten Wintergarten trinken – draußen war es mir zu warm. In Alabama müßte es auch eigentlich »Sommergarten« heißen, denn im Winter, wenn es nicht so schwül ist, kann man ja wunderbar draußen sitzen…

Auf dem Parkplatz von Brät Brot stand noch ein selbstgebasteltes »Mofa« mit Kettensägen-Motor.

[Edit 2018-10-07]

Ein Kollege hat übrigens herausgefunden, daß man die Fahrräder mit Kettensägenmotor »von der Stange« kaufen kann: von Venice Motor Bikes

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3 Gedanken zu „Birmingham, AL #31“

  1. Hallo Günther,

    schöne Berichte & tolle Bilder (wie immer). Speziell die Fireworks-Serie und Peace and Justice #5 gefallen mir sehr gut.

    Viele Grüße
    Thilo

  2. Das Museum and Memorial for Peace and Justice sieht cool aus, erinnert etwas an das Holocaust-Denkmal in Berlin.

  3. Hallo Güther, schöner Bericht; vermisse allerdings die Rubrik „Phrasen der Woche“. Ich schätze diesen Teil im Bericht besonders und freue mich auf den nächsten – hoffentlich dann wieder mit Phrasen.

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